Freitag, 21. Mai 2010

Andrea und die Gartenzwerge

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Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk dürfte ein weiterer Skandal ins Haus stehen: Im "ZDF-Fernsehgarten" werden Experten-Auftritte offenbar gegen Sponsoring vergeben. Die Clearingstelle der Anstalt hat mit dieser dubiosen Praktik wohl keine Probleme.

21. Mai 2010/Horst Müller via blogmedien.de. Seitdem Andrea Kiewel im Januar 2007 Johannes B. Kerner und die ZDF-Zuschauer in Sachen "Weight Watchers" frech anlog, gilt die früher zeitweise übergewichtige TV-Moderatorin als Ikone unter Deutschlands Schleichwerbern. Beim sich aktuell anbahnenden Skandal ist "Kiwi" zwar wieder beteiligt, allerdings kassieren die Mainzelmänner diesmal gleich selber ab. Für den "ZDF-Fernsehgarten" konnten sie in diesem Jahr die Gartencenter-Kette "Pflanzen-Kölle" als Sponsor gewinnen. Im Gegenzug soll Geschäftsführerin Angelika Kölle regelmäßig als "Gartenexpertin" ins Bild gerückt werden.

Am vergangen Sonntagmittag begrüßte Andrea Kiewel erstmals das neue Mitglied ihres "Grüne-Daumen-Kompetenzteams": "Diese Frau möchte ich Ihnen vorstellen, liebe Zuschauer. Sie wird mich durch die ganze Saison begleiten. Das ist nämlich Angelika Kölle", erklärte Andrea Kiewel ihren mehrheitlich schon betagten Zuschauern und freute sich dazu auch noch über das Outfit der vermeintlichen Pflanzenfachfrau: "Und so wie sie angezogen ist, sehen Sie schon, wir haben irgend etwas schwesterliches: ‚Angelika-Kiwi-Kölle' könnte man auch sagen." Dass Frau Kölle Geschäftsführerin der Pflanzen-Kölle Gartencenter GmbH & Co KG mit Sitz in Heilbronn und Chefin von bundesweit elf Gartencentern ist, erwähnte Kiwi allerdings nicht. Vor allem vergaß die schleichwerbeerprobte Fernsehfrau ihre Zuschauer darüber aufzuklären, dass "Pflanzen-Kölle" den "ZDF-Fernsehgarten" in diesem Jahr auf eigene Kosten mit Pflanzen, Gartenzubehör und Bühnendekorationen ausschmückt.

"Nur in guter Erde wächst Schönheit und Geschmack!"

Immerhin soll sich die Gartencenter-Kette diese so genannten "Beistellungen" nach Angaben eines "ZDF-Insiders" in dieser Saison 250.000 Euro kosten lassen. Als Gegenleistung - so behauptet der Informant zumindest, dürfe Frau Kölle nunmehr als Pflanzenexpertin im "Fernsehgarten" auftreten. Zudem sei es "Pflanzen-Kölle" unter anderem gestattet, in den eigenen Gartencentern mit dem ZDF-Logo zu werben. In der riesigen Kölle-Filiale in Unterhaching am Stadtrand von München war davon am Donnerstag allerdings nichts zu sehen. Lediglich auf einem Flyer, der über die Website des Unternehmens heruntergeladen werden kann, wird auf den TV-Einsatz der emsigen Geschäftsführerin verwiesen: "Am Sonntag, 16. Mai ist Angelika Kölle zu Gast im ZDF-Fernsehgarten mit dem Thema: ‚Nur in guter Erde wächst Schönheit und Geschmack!'"

Rainer Stumpf von der ZDF-Pressestelle bestätigte auf meine Anfrage, dass zwischen dem Zweiten Deutschen Fernsehen und "Pflanzen-Kölle" ein "Kooperationsvertrag" besteht, in dem sich die Gartencenter-Kette zu "Sachbeistellungen für Pflanzen und Gartenzubehör bzw. -ausstattung sowohl für die Garten-Sequenzen einzelner Sendungen als auch für die Ausschmückung von Bühne und Gelände des Fernsehgartens" verpflichtet habe. Über den finanziellen Wert der Leistungen machte der ZDF-Sprecher keine Angaben. Allerdings dementierte Stumpf auch nicht den von blogmedien schriftlich genannten Betrag in Höhe von immerhin einer Viertelmillion Euro.

Der Name der Expertin ist Programm

Der ZDF-Pressesprecher bestritt zudem, dass die Mitwirkung von Angelika Kölle als Gesprächspartnerin von Moderatorin Kiewel im Zusammenhang mit dem Sponsoring der Sendung durch ihr Unternehmen stünde: "Nein. Frau Kölle trat als Expertin auf. Weder einzelne Produkte, noch Marken, geschweige denn die Firma Pflanzen Kölle wurden genannt oder erwähnt." Nun ja - da war wohl der Name der Expertin Programm. Während des rund fünf Minuten langen "Expertengesprächs" erwähnte Andrea Kiewel genau sieben Mal "Kölle". Das konnte sie auch schon mal besser: Vor gut drei Jahren hatte "Kiwi" bei "Kerner" die "Weight Watchers" noch ein Dutzend Mal untergebracht.

Dafür umgarnte Moderatorin Kiewel das neue Mitglied ihres "Grüne-Daumen-Kompetenzteams" besonders herzlich: "Angelika Kölle - toll. Auf guter Erde gedeiht guter Geschmack." Selbst dekorierte Gartenzwerge bekamen noch Streicheinheiten von der Fernsehfrau ab: "Sind die süß, die brauchen auch noch einen Namen." Da spielte es auch überhaupt keine Rolle, dass Gartenexpertin Kölle nicht auf alle Fragen die richtige Antwort wusste. Frage Andrea Kiewel: "Was sind Gabionen?" Antwort Angelika Kölle: "Gabionen sind Steine". Das hätte wohl selbst der großzügige Quizonkel Jauch so nicht durchgehen lassen. Schließlich werden die Drahtkörbe, die mit Steinen befüllt werden, als "Gabionen" bezeichnet.

Macht nichts. Hauptsache die Kasse der Mainzelmänner stimmt. Die Zuschauer wurden "im Abspann" darüber informiert, dass "Pflanzen-Kölle" als "Produktions-Helfer" mit von der Partie war. Und schließlich habe die ZDF-Clearingstelle die Kooperation geprüft, teilt Pressesprecher Rainer Stumpf zur Beruhigung abschließend noch mit.

Aufregung um ein kleines Logo - oder: Lasst uns besser reden…

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20. Mai 2010/Inge Seibel via. ingeseibel.de. Abmahnungen sind in der Netzgemeinde ein Reizwort. Das hat zwei Gründe. Zum einen wird gerade in jüngster Zeit vermehrt versucht, per Abmahnung unliebsame und meist wenig zahlungskräftige Kritiker zum Schweigen zu bringen. Zum anderen gibt es auf Marken- und Urheberrecht spezialisierte Anwaltskanzleien, die in der Vergangenheit - nicht selten auf eigene Initiative - Massenabmahnungen mit hohen Geldforderungen verschickten. Ihnen wird vorgeworfen, es gehe ihnen weniger um die Eindämmung von Urheberrechtsverletzungen als vielmehr um den Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung. Dabei hat die Abmahnung eigentlich die Funktion, Streitigkeiten auf direktem und kostengünstigem Weg ohne Einschaltung eines Gerichts beizulegen.

Vor diesem Hintergrund sollte man auch die Aufregung um einen Markenzwist zwischen dem ehrenamtlich von Studenten betriebenen Radio Q aus Münster und der audio media service Produktionsgesellschaft, kurz "ams", mit Sitz in Bielefeld betrachten.

"aufreger der woche: privatsender-kette mahnt campusradio ab - wie radio waf, radio gütersloh, radio bielefeld und co. auf den nachwuchs pfeifen"

- schreibt Medienblogger Daniel Fiene in seinem privaten Blog und löst einen Sturm der Entrüstung aus. Was war geschehen?

Die ams, als Full-Service-Agentur, kümmert sich im Auftrag der Betriebsgesellschaften sieben lokaler Hörfunkstationen in NRW um deren technische und betriebswirtschaftlichen Belange. Zu diesen Sendern gehören unter anderen Radio WAF, Radio Bielefeld und Radio Güterloh. Für alle seine Sender lies die ams ein gemeinsames Logo entwickeln und es markenrechtlich schützen. Wie es üblich ist, wurde ein Markenrechtsanwalt damit beauftragt, die Einhaltung der Urheber- und Markenrechte zu überwachen, damit es nicht zu "Kollisionen" kommt, wie es im anwaltsdeutsch so schön heißt.

Radio Q wiederum ist ein sehr ambitioniertes und ehrenamtlich von Studenten betriebenes Campusradio aus Münster. Gerne greifen die Lokalsenderchefs auf der Suche nach neuen Talenten und Nachwuchs auf die oft schon bestens vorgebildeten Unifunker zurück. Im August 2008 präsentierte Radio Q nach einem Design-Wettbewerb stolz sein neues Logo. So weit, so gut.

Bis zum Mai 2010. Da flatterte den völlig verdutzten Studenten das Schreiben einer Anwaltskanzlei im Auftrag der ams auf den Tisch. Stein des Anstoßes sind vier Buchstaben im Logo des Studentensenders : "25.000 € sollten wir bezahlen, unser Logo sofort vernichten, da wir angeblich gegen das Markenrecht verstoßen hätten", erzählt Benedikt Meyer vom Studentenradio. "Unser Logo würde dem markenrechtlich geschützten Logo der ams-Sender zu sehr ähneln, so dass eine Verwechslungsgefahr bestünde."

Ratlosigkeit und blankes Entsetzen machte sich unter den ehrenamtlichen Hörfunkern breit. "Eigentlich wollen wir nicht mehr als gutes Radio machen, da stecken wir viel Engagement und Freizeit rein", sagt Meyer. "25.000 € können wir unmöglich zahlen, da bleibt nur noch dicht machen." Hilfe kam von einem Professor der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Uni Münster. Offensichtlich ist die Verwechslungsgefahr nicht ganz aus der Luft gegriffen. Vielleicht auch scheute man den teuren Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang; jedenfalls riet der Professor den Studenten zu einem versöhnlichen Gespräch mit der ams.

Geschäftsführer bei der ams ist Uwe Wollgramm. Der zeigte sich nach einem klärenden Telefongespräch bereit, auf jegliche Abmahnkosten oder Schadensersatzansprüche zu verzichten, falls das Logo sofort aus dem Verkehr gezogen werde.

Die ganze Aufregung, die jetzt trotzdem entstanden ist, versteht er nicht: "Ich dachte, wir hätten das auf dem kleinen Dienstweg zur Zufriedenheit aller geklärt. Nun wird hier einseitig berichtet, nur weil wir unsere Interessen verteidigt haben." Auch den Vorwurf, es sei mit Kanonen auf Spatzen geschossen worden und warum Wollgramm nicht lieber gleich zum Telefon gegriffen habe, bevor eine Anwaltskanzlei unter den Studenten Angst und Schrecken verbreitete, mag Wollgramm nicht wirklich gelten lassen: "Selbstverständlich geht es uns nicht darum, ein Campusradio anzugreifen oder gar wirtschaftlich zu schädigen. Aber unser Logo wurde in der Vergangenheit schon so oft von unterschiedlichen Vereinigungen und Unternehmen missbraucht, zu deren eigenem Vorteil. Es ist ein ganz alltäglicher Vorgang, dass eine Kanzlei die Einhaltung unserer Rechte überwacht. Im Falle eines Rechtsbruchs gehen Schreiben mit der Forderung auf Unterlassungserklärung raus und der Hinweis auf entstehende Schadensersatzansprüche, falls unsere Rechte weiterhin nicht beachtet werden."

Bleibt noch der Vorwurf, warum man das Logo zwei Jahre lang nicht beanstandet habe. Auch das kann Wollgramm erklären: "Die Studenten haben kein Markenrecht für ihr Logo angemeldet, also bleibt es dem Zufall überlassen, ob unsere Anwälte auf eventuelle Rechtsverletzungen stoßen. Und das ist eben jetzt geschehen."

Was im Geschäftsleben offensichtlich zum Alltag gehört, war für die Studenten erst mal ein Realitätsschock. "Wir hätten uns sehr gewünscht, die ams hätte gleich das Gespräch mit uns gesucht. Zunächst mal waren wir alle sehr entmutigt", beschreibt Stephan Niemand die Stimmung beim Studentenradio. Mittlerweile aber wird schon fleißig am neuen Logo gebastelt. Die beanstandeten Buchstaben werden abgeändert, das Grundmotiv des Logos bleibt erhalten.
"Kosten entstehen für uns natürlich trotzdem", sagt Benedikt Meyer und er denkt dabei ans Briefpapier und die bereits bestellten Merchandisingartikel wie Kugelschreiber und Feuerzeuge, die jetzt mit dem alten Logo nicht mehr verteilt werden dürfen. Aber vielleicht hilft ja auch hier ein klärendes Gespräch. Die ams hat bereits bei der Erstellung des neuen Logos kostenlose Hilfe angeboten.

"Nutznießer" der ganz anderen Art vom Streit um das Logo waren die Sender Radio Gütersloh und Radio Bielefeld. Bei beiden "brannten" am heutigen Donnerstag die Facebookseiten aufgrund einer emotionsaufgeladenen Diskussion. Martin Knabenreich, Chefredakteur von Radio Bielefeld, bedauert das sehr. "Ich habe selbst erst gestern Nacht von dem ganzen Vorgang erfahren. Wer das 2-Säulen-Modell in NRW kennt, der weiß, dass wir als Veranstaltergemeinschaft nur für das inhaltliche Programm verantwortlich sind. Wir haben überhaupt nichts gegen Radio Q, in keiner Weise. Im Gegenteil, wir kooperieren gerne mit den Studentenradios."

Mittlerweile hat Daniel Fiene auf seinem Blog eine Stellungnahme der ams zur ganzen Aufregung veröffentlicht und ein paar persönliche eigene Worte hinzugefügt: "Ich habe Herrn Wollgramm angerufen und mich für die Stellungnahme bedankt und noch einmal darauf hingewiesen, dass ich keine journalistische Sorgfaltspflicht verletzt habe, da ich ja nur persönlich gebloggt habe. Im Nachhinein denke ich: Ich hätte vorher doch bei der AMS anrufen sollen. Stattdessen war mein Blog-Eintrag ja ein bisschen so, als hätte ich direkt eine Abmahnung geschickt."

Nun können alle wieder ruhig schlafen gehen…

Mittwoch, 22. April 2009

Qualität als Strategie für Radiomacher

Beim diesjährigen Radio-Workshop der Bundeszentrale für politische Bildung geht es um inhaltliche Strategien des Hörfunks von morgen.

Seit geraumer Zeit scheinen sich Radioleute neben dem Tagesgeschäft und den regelmäßig wiederkehrenden MA-Zahlen fast nur noch mit den künftigen technischen Verbreitungswegen ihres Mediums zu beschäftigen. Schon in dieser Frage herrscht weitgehend Ratlosigkeit. Während öffentlich-rechtliche Anstalten und die Landesmedienanstalten, als Aufsichtsbehörden für den privaten Rundfunk, nach wie vor das Digitalradio favorisieren, setzen führende Privatfunker zunehmend auf das Internet. Dazu gehört auch Hans-Dieter Hillmoth, Geschäftsführer und Programmdirektor der Radio/Tele FFH in Hessen, zudem Vorsitzender des Fachbereichs Hörfunk beim privaten Rundfunkverband VPRT. Demnächst muss sich Hillmoth auch mal wieder mit den künftigen Inhalten des Hörfunks befassen. Der einflussreiche Radiomanager ist einer der Referenten beim diesjährigen Radio-Workshop, den die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) gemeinsam mit der Akademie für Politische Bildung vom 28. bis 30. Juni in Tutzing am Starnberger See veranstaltet.

Neben Hans-Dieter Hillmoth werden weitere prominente Radiomacher und renommierte Journalisten den Teilnehmern des Workshops ihre Ideen und Konzepte zum Leitthema “Qualität als Radio-Strategie” vorstellen. Darunter auch Volker Lilienthal, künftiger Professor für “Praxis des Qualitätsjournalismus” an der Universität Hamburg und noch verantwortlicher Redakteur bei “epd Medien”. Zur Erinnerung: Lilienthal hatte im Sommer 2005 nach jahrelanger Recherche die Schleichwerbereien in der ARD-Serie “Marienhof” öffentlich gemacht und brachte damit zeitweise den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus dem selbstgerechten Gleichgewicht. Als weitere Referenten und Diskussionsteilnehmer in Tutzing stehen unter anderem bereits fest: Ursula Daalmann, Redakteurin “Hallo Ü-Wagen” und Reinhard von Struve, beide vom WDR, Fee Rojas von der ARD-ZDF Medienakademie, Michael Reichert von der SWR Medienforschung, Konrad Kuhnt, der Chefredakteur des RBB-Programms radioBERLIN 88,8 sowie Michael Praetorius, Leiter der Onlineredaktion von Antenne Bayern. Teilnehmen dürfen Radiojournalisten, die für die dreitägige Veranstaltung lediglich eine Tagungsgebühr von 80 Euro entrichten müssen - darin sind Verpflegung und die Unterkunft direkt am Starnberger See bereits enthalten. Weitere Informationen und das Anmeldeformular gibt’s bei Hoerfunker.de