Donnerstag, 12. März 2009

Entwarnung für “Telefonschrecks” im Radio

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat die Ermittlungen wegen des “Telefonspasses” mit Andrea Ypsilanti eingestellt.

12. März 2009. Niederlagen und Blamagen gehören spätestens seit dem Gerangel um die verpatzte Ministerpräsidentenkandidatur von Andrea Ypsilanti schon fast zum Alltagsgeschäft der hessischen SPD. Nach dem politischen Rückzug der früheren sozialdemokratischen Spitzenfrau und dem verheerend schlechten Ergebnis bei der Landtagswahl Ende Januar, trafen nun auch noch schlechte Nachrichten von der Staatsanwaltschaft Hannover bei den hessischen Genossen ein. Die hat in dieser Woche das Ermittlungsverfahren gegen Jochen Krause, Comedyautor und Stimmimitator von “radio ffn” eingestellt.

Krause hatte sich im September 2008 am Telefon als Franz Müntefering ausgegeben und ein “crazyphone” mit Andrea Ypsilanti aufgezeichnet, dessen Ausstrahlung von der hessischen SPD nicht genehmigt wurde. Der Sender hielt sich zwar an diese Vorgabe, allerdings tauchten wenig später Ausschnitte des Spaßtelefonats bei YouTube auf. Die Politikerin stellte daraufhin Strafanzeige mit der Begründung, dass “die Veröffentlichung gegen § 201 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 2 Strafgesetzbuch”, verstoße. Der Paragraph stellt unerlaubte Gesprächsmitschnitte und deren Verbreitung unter Strafe.

Dieser Argumentation mochte sich die Staatsanwaltschaft nicht anschließen. Gegenüber FOCUS-Online erklärte eine Sprecherin, dass das bloße Mitschneiden des Gesprächs gegen den Willen von Ypsilanti in diesem Fall noch nicht strafbar gewesen sei, weil sich der Stimmenimitator während desTelefonats zu erkennen gegeben habe. Strafbar wäre allein die Veröffentlichung bei YouTube - doch konnte der vermeintliche Übeltäter nicht ermittelt werden. Die hessische SPD hatte wohl diese Entscheidung der Staatsanwaltschaft Hannover bereits erwartet. Schon seit Wochen drückten sich Fraktionsgeschäftsführer Gert-Uwe Mende und Pressesprecher Frank Steibli vor Auskünften zum Fortgang des Verfahrens.

Anders die Reaktion bei “radio ffn”: “Der Humor hat gesiegt”, jubilierte Programmdirektorin Ina Tenz in einer am Mittwoch verbreiteten Pressemitteilung: “Seit über 40 Jahren machen Sender in Deutschland Spaßtelefonate und noch nie hat es allein wegen der Aufzeichnung eine Strafanzeige gegeben.” Nach der Entscheidung der hannoverschen Staatsanwaltschaft wird sich daran wohl auch in absehbarer Zeit nichts ändern. Also: Entwarnung für so genannte “Telefonschrecks” im Radio.

Sonntag, 8. März 2009

Liebe Antenne, du musst jetzt ganz tapfer sein

Sinkende Hörerzahlen und Einbrüche bei den Werbeumsätzen - die ehemals erfolgsverwöhnte “Antenne Bayern” scheint auf Talfahrt zu sein. Dazu wird die Konkurrenz im bayerischen Äther künftig noch härter: Ex-Antenne-Star Stephan Lehmann sendet ab Montag bei “Bayern 1″.

8. März 2009. Diesmal fielen die Zeugnisse für den bisherigen Primus auf dem deutschen Radiomarkt eher bescheiden aus. "Antenne Bayern" musste bei der am vergangenen Mittwoch veröffentlichen Media-Analyse (MA Radio I/2009) deutliche Verluste registrieren und zählte aus Sicht der Mediendienste zu den “größten Verlierern”. Noch schlimmer für die Ismaninger Radiomacher dürfte aber sein, dass ausgerechnet die beiden direkten Konkurrenten zulegten. Zwar ist der Abstand zu “Bayern 3″, der Pop- und Rockwelle des Bayerischen Rundfunks (596.000 Hörer in der Durchschnittsstunde), immer noch stattlich, dafür überflügelte “Bayern 1″ mit einer Mixtur aus Oldies, Schlager und vielen Regionalinformationen die “Antenne”. “Bayern 1″ ist jetzt mit deutlich über einer Million Hörer pro Durchschnittsstunde die Nummer 1 - nicht nur im Freistaat, sondern bundesweit. Der positive Trend für das öffentlich-rechtliche Landesprogramm könnte weiter anhalten - ab Montag sendet dort Ex-Antenne-Star Stephan Lehmann.

Schon seit Tagen wird Lehmanns öffentlich-rechtliche Premiere im Programm von “Bayern 1″ mit Trailern, in Moderationen und Interviews heftig beworben. Kein Wunder - der 46jährige zählt zweifelsohne zu den bekanntesten und profiliertesten Hörfunkmoderatoren in Bayern. Rund 20 Jahre saß und stand er für “Antenne” am Mikrofon, zudem ist er seit 10 Jahren Stadionsprecher des FC Bayern. Stephan Lehmann ist längst nicht der erste und einzige bekannte Moderator, der den Privatsender in Richtung Bayerischer Rundfunk verließ. Zwischen 2007 und September 2008 sendete die ehemalige Antenne-Vorzeigefrau und ZDF-Sportmoderatorin Katrin Müller-Hohenstein bei “Bayern 1 am Vormittag”. Stephan Parisius, der sich mit unkonventionellen Talksendungen bei “Antenne” einen Namen machte, moderiert inzwischen bei “Bayern 2″ die Sendung “Tagesgespräch”. Schließlich heuerte im vergangenen Jahr der frühere Antenne-Nachwuchsmoderator Marcus Fahn bei "Bayern 3" an und sorgt dort als Hauptmoderator der "Frühaufdreher" für steigende Hörerzahlen am Morgen.

Aderlass bei den Moderatoren

Der Aderlass an bekannten und profilierten Moderatoren mag ein Grund dafür sein, dass bei “Antenne Bayern” die Hörerzahlen auf Talfahrt sind. Wer heute nach einem “Moderator bei Antenne” fragt, bekommt häufig nur “Wolfgang Leikermoser” zur Antwort, die meisten anderen heutigen Radiomacher in Ismaning sind beim breiten Publikum weitgehend unbekannt. Leikermoser, der “Veteran” am Mikrofon ist denn auch der einzige, der während seiner Frühsendung “Guten Morgen Bayern” für einigermaßen stabile Hörerzahlen sorgt. Am Vormittag und Nachmittag, wo früher Katrin Müller-Hohenstein (KMH) und Stephan Lehmann sendeten, gab’s laut Einzelstundennachweis in der Media-Analyse zum Teil herbe Rückgänge der Zuhörerschaft. Lehmann wurde zuletzt bei “Antenne Bayern” nur noch am Sonntag eingesetzt - das war vermutlich ein Fehler.

Dennoch gibt sich die “Antenne”-Geschäftsführung in einer am Mittwoch verbreiteten Pressemitteilung optimistisch: “Für unsere Kunden bieten wir bei den 14- bis 49-Jährigen in der Durchschnittsstunde 748.000 Hörer, Bayern 3 erreicht in dieser Zielgruppe gerade mal 423.000 Hörer”, ließ sich Karlheinz Hörhammer zitieren. Mit “Kunden” meint der Vorsitzende der “Antenne”-Geschäftsführung dabei die Werbetreibenden. Allerdings sind die Umsätze des bayerischen Privatsenders mit Hörfunkwerbung - im Gegensatz zum allgemeinen Trend in der Radiobranche - seit geraumer Zeit deutlich rückläufig. Im Jahr 2008 sackte der Bruttoumsatz bei “Antenne Bayern” um 11,1% gegenüber 2007, während die Radiobranche insgesamt ein Plus von 4,5% verzeichnet. Noch schlechter sieht’s zu Beginn des neuen Jahres aus. Während Hans-Dieter Hillmoth, Hörhammers Kollege beim hessischen “Hit Radio FFH”, Mitte Februar in einer Pressemitteilung frohlockte: “Radio ist der Gewinner der Wirtschaftskrise”, mussten die Bayern im Januar erneut spürbare Umsatzverluste hinnehmen. Im Vergleich zum Januar 2008 gingen die aus der Hörfunkwerbung generierten Umsätze bei “Antenne Bayern” im ersten Monat dieses Jahres um 11,5% zurück, branchenweit stiegen sie indes um 5,5%. Profitiert haben davon insbesondere die öffentlich-rechtlichen Sender, die fast um 15% zulegten. Programme wie “Bayern 1″ und “Bayern 3″ könnten für “Antenne Bayern” bald zusätzliche Konkurrenten werden, nicht nur bei der Jagd um Einschaltquoten, sondern auch bei der Generierung von Werbeumsätzen.

Angesichts dieser Entwicklung erinnert sich der Vorsitzende der Antenne-Geschäftsführung und frühere Marketingchef von “R.SH” möglicherweise an den Slogan, den der schleswig-holsteinische Privatsender zum Sendestart vor bald 23 Jahren in Richtung des damals vermeintlich übermächtigen öffentlich-rechtlichen Konkurrenten publikumswirksam verbreiten ließ: “Lieber NDR, Du musst jetzt ganz tapfer sein”. Karlheinz Hörhammer ist lange genug in der Radiobranche, um zu wissen, dass sich die Zeiten für ihn und seinen Sender wieder bessern können. Bis dahin heißt es: “Liebe Antenne, du musst jetzt ganz tapfer sein.”

Mittwoch, 4. März 2009

MDR INFO und die “GEZ-Gebühr”

Vorsicht vor “Urteilen der Woche” im Nachrichtenkanal des Mitteldeutschen Rundfunks - sie könnten auch verfälscht dargestellt sein.

4. März 2009. Einmal in der Woche sendet “MDR INFO” die Rubrik “Urteile der Woche”. Am vergangenen Samstag ging’s angeblich um einen Erzfeind für öffentlich-rechtliche Radiomacher - einen hartnäckigen Gebührenverweigerer. Nachdem Hans-Peter Kraus von einem Leser seines Blogs “Gebühren-Igel” auf den Beitrag hingewiesen wurde, fühlte er sich an “Sach- und Lachgeschichten” aus einer Kindersendung erinnert - längst nicht nur wegen der infantil anmutenden Umsetzung, wie auf der Website von MDR INFO nachzulesen und auch als Podcast nachzuhören ist. In dem Beitrag wurden die Sachverhalte dermaßen verfremdet, dass sie mit der Wirklichkeit kaum noch etwas gemein haben.

So berichtete MDR INFO über das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg unter dem Aktenzeichen W 1 K 08.1886:

Marco Marinitsch hat sich entschlossen seinen Fernseher zu verschrotten. Da er auch kein Radiogerät besitzt, beantragt er bei der Gebühreneinzugszentrale, keine Gebühren mehr zu zahlen. Seine Informationen wolle er künftig einzig und allein übers Internet beziehen. Wie ihm der GEZ-Mitarbeiter sagt, könne er ja auch dort Rundfunksendungen empfangen. Das wolle er nicht nutzen, sagt Marco, schließlich habe er nicht einmal eine funktionstüchtige Soundkarte im Computer. Zahlen müsse er trotzdem, sagt man ihm. Und am Verwaltungsgericht Würzburg bestätigte man die Entscheidung.

Auch der Internet-Rundfunk gehört zum Grundversorgungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Sender. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Besitzer mit seinem Computer tatsächlich eine Rundfunksendung empfangen will oder eine Soundkarte installiert hat. Entscheidend ist nur, dass der Computer ans Internet angeschlossen ist und damit “zum Empfang bereitgehalten” wird.

Marco muss also auch für seinen Computer GEZ-Gebühren zahlen.

Und das ist ziemlicher Blödsinn. Die zuständigen Redakteure des gebührenfinanzierten MDR sollten nun wirklich wissen, dass es keine “GEZ-Gebühren” gibt. Für die Verwendung dieses “nicht existenten” Begriffs hatte die Rechtsabteilung der GEZ im Sommer 2007 immerhin die Betreiber der Website “akademie.de” abgemahnt - und sich damit ziemlich lächerlich gemacht. In dem angeführten Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg geht es denn auch ausschließlich um “Rundfunkgebühren für einen internetfähigen PC”. Kläger war nicht etwa ein “Marco Marinitsch”, sondern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die hatte laut schriftlichem Urteil den PC ab dem 1. Januar 2007 bei der GEZ angemeldet, sich gleichzeitig jedoch gegen die Erhebung von Rundfunkgebühren verwahrt. Begründung laut Urteil: “Der Computer werde ausschließlich für Büroarbeiten genutzt.” Die MDR-Version: “Seine Informationen wolle er künftig einzig und allein übers Internet beziehen” wurde schlichtweg frei erfunden, genau so wie die angebliche Verschrottung des Fernsehers. Auch von dem im MDR-Beitrag erwähnten Gespräch mit einem “GEZ-Mitarbeiter” ist im Urteil nichts zu finden.

Tatsächlich hat das Verwaltungsgericht Würzburg am 27. Januar die Klage der GBR gegen den - im MDR-Bericht nicht erwähnten - Bayerischen Rundfunk abgewiesen. Nicht erwähnt wird ebenfalls, dass gegen das Urteil die Berufung ausdrücklich zugelassen wurde. Der Rechtsstreit könnte also durchaus weitergehen. Aber solche Kleinigkeiten spielten für die zuständigen Redakteure offenbar keine Rolle. Schließlich will MDR INFO nach eigener Darstellung “nicht nur informieren, sondern auch Hintergründe und komplizierte Zusammenhänge erklären und den Hörern sagen, was ein Ereignis für sie bedeutet.” Zum Beispiel, dass sie Rundfunkgebühren zahlen müssen, auch wenn mit dem internetfähigen PC nur Büroarbeiten verrichtet werden. Als Gegenleistung hat sich der MDR laut Staatsvertrag (§ 8 - Programmgrundsätze) unter anderem “der Wahrheit verpflichtet”. Aber das klagt wohl niemals ein Hörer ein.

Dienstag, 3. März 2009

"Längst spielt die Radio-Musik im Internet"

Einen Tag vor Ausgabe der Radiozeugnisse am Mittwoch gibt's einige Verwirrung über die Herkunft angeblich neuer Hörer.

3. März 2009. Gut eine Woche bevor die "Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse" am Mittwoch (4. März) offiziell die Frühjahrszeugnisse für die deutschen Radiosender veröffentlicht, konnte Dieter K. Müller, Vorstand Radio bei der "ag.ma", schon mal positive Nachrichten für die Branche vermelden: "Die Radiosender gewinnen Hörer - besonders in jungen Zielgruppen", lautete die Überschrift der am 25. Februar verbreiteten Pressemitteilung. Laut dieser Vorabmeldung haben Deutschlands Hörfunker im Vergleich zur zuletzt veröffentlichten MA-Radio im Sommer 2008 "über 300.000 tägliche Hörer hinzugewonnen". Müller kommt zum Schluss "Davon, dass die Hörer ins Internet abwandern, kann also gar keine Rede sein."

Vermutlich doch. Hans-Dieter Hillmoth, Geschäftsführer und Programmdirektor des hessischen "Hit Radio FFH", hatte kurz zuvor, am 17. Februar, über die Pressestelle seines Senders verbreiten lassen, dass es "jeden Monat allein bei der Radio/Tele FFH zwei Millionen Nutzer" des Internetangebots seines Senders gebe. Hillmoth, im "Nebenjob" Vizepräsident des Privatradioverbands "VPRT", sieht ohnehin die Zukunft des Hörfunks im Internet und schießt inzwischen verbal scharf gegen weitere Digitalradio-Experimente. In der Pressemitteilung heißt es dazu: "FFH-Chef Hillmoth ist die dauernde Diskussion über ein mögliches terrestrisches Digitales Radio ja oder nein leid: ‚Es würde mich wundern, wenn das klappen würde - denn längst spielt die Radio-Musik im Internet.'"

Auch Christiane Korch, Ressortleitung Radio bei der "ag.ma", mag nicht ausschließen, dass die vermeintlich "hinzugewonnenen" jüngeren Hörer die Programme vorwiegend über das Internet empfangen. Genaue Nachweise sind nicht möglich, da die Empfangswege - ob Antenne, Kabel, Satellit oder eben Internet - bei den telefonischen Interviews für die Media-Analyse nicht abgefragt werden. Es besteht also dringend Nachholbedarf.

Hinweis: Die Ergebnisse der MA-Radio 2009/1 werden ab Mittwoch, 4. März 2009, 09.00 Uhr veröffentlicht. Gute Übersichten bietet die Website der ARD-Werbung unter der Adresse www.reichweiten.de