Sonntag, 22. Februar 2009

Feedback zum "Radio-Trash" bei blogmedien

21. Februar 2009. Radio kann doch noch für Gesprächsstoff außerhalb der eigenen Branche sorgen. Allerdings ist der aktuelle Anlass alles andere als imgagefördernd: der blöde "Busengrapscher" des "Morgenhans" von "bigFM" in Raabs "Bundesvision Song Contest" vor Wochenfrist (13.02.09). Bei blogmedien haben wir anschließend über das überwiegend schwache Auftreten der Radioleute im Fernsehen sowie über "Trash im Radio" (blogmedienTV 19) berichtet. Hier ist eine Auswahl der Reaktionen aus den vergangenen Tagen:






Freitag, 20. Februar 2009

blogmedienTV 19: Trash im Radio

Vom blöden “Busengrapscher” über die dümmliche Suche nach Falcos “Jeanny” bis zum perversen “Blasentest”

20. Februar 2009. Der “Morgenhans” von “bigFM” hat mit seinem “Busengrapscher” in Stefan Raabs “Bundesvison Song Contest 2009″ ganze Arbeit geleistet. Plötzlich interessieren sich Zeitungen und Medienportale wie DWDL, Werben & Verkaufen oder Meedia.de für die merkwürdigen Aktionen von Radiomachern. In blogmedienTV 19 haben wir einige der dümmsten, gefährlichsten und auch perversesten Spielereien im deutschen Hörfunk zusammengestellt. Das ist übrigens kein “Rundumschlag” gegen deutsche Radioleute, sondern eine bewusste Bloßstellung einiger - längst nicht aller - schwarzen Schafe. (Länge 05.45 Min.)

Hier gehts zum Video


Montag, 16. Februar 2009

“Fummelzoff beigelegt”

“Bild” hat dem “Busengrapscher” von “bigFM” verziehen - jetzt soll die “schöne Tschechin” per Webcam überwacht werden

16. Februar 2009. Na endlich. Drei Tage nach dem vermeintlichen Fehlgriff im Finale des “Bundesvision Song Contests” am Freitagabend bei ProSieben, hat “Bild” dem “Morgenhans” von “bigFM” verziehen. “Versöhnung nach Busen-Grapscher” überschreibt das Zentralorgan der Deutschen heute seine Geschichte über die peinliche Selbstinszenierung des abgedrehten Radiomoderators und entscheidet gleich zu Beginn des Artikel: “Fummelzoff beigelegt”. Schließlich hatte sich “Morgenhans” Blomberg zuvor bei “Bild” entschuldigt: “Es tut mir leid, ich weiß nicht, was mich in jenem Moment geritten hat.”

Vielleicht die laufende Hörerbefragung für die Media-Analyse - das vermutet zumindest der Mediendienst “DWDL”. In einem am Sonntag veröffentlichen Kommentar geht Chefredakteur Thomas Lückerath davon aus, dass der “billige Busengrapscher” nur eine Inszenierung für die “Radio-MA” gewesen sei: “Wenn Gewinnspiele nicht mehr reichen, kann man auch noch einen Schritt weiter gehen. So wie ‘BigFM’ am Freitag beim ‘Bundesvision Song Contest’ auf ‘ProSieben’.”

Auch der Journalist Daniel Große geht in seinem Blog “Grosse Worte” davon aus, dass “Bild” auf eine PR-Aktion des baden-württembergischen Privatradios hereingefallen ist. Dabei hatte doch der Chefredakteur des Senders, Karsten Kröger, ausdrücklich versichert “das war in keiner Weise abgesprochen, sonst hätten wir das im Vorfeld unterbunden.” Er selbst sei geschockt gewesen, so wird Kröger zumindest bei FOCUS Online zitiert.

Offenbar mögen Kröger, “Morgenhans” und auch Susanka solche Schockzustände. Am Montagmorgen startete “bigFM” gleich die nächste glitschige Aktion. Zwei Tage lang soll die “schöne Tschechin” in ihrem Apartment von einer Web-Kamera gefilmt werden. Grund: Irgendwer soll behauptet haben, dass Susanka im Nebenberuf dem “horizontalen Gewerbe” nachgehe. Das könnte durchaus ein neuer Fall für “Bild” & Co. werden. Und vielleicht sollte sich gelegentlich auch die baden-württembergische Medienaufsicht LFK mit diesen Machenschaften beschäftigen.

Sonntag, 15. Februar 2009

“Witzig. Lacht nur wieder keiner”

Wenn Radioleute im Fernsehen auftreten, kann das schon mal peinlich sein - so wie beim “Bundesvision Song Contest” am Freitagabend. Der “Morgenhans” von “bigFM” versuchte sich als “Busengrabscher”.

14. Februar 2009. Hans Kristian Blomberg ist der “Morgenhans” beim baden-württembergischen Privatradio “bigFM”. Dort sendet er gemeinsam mit Susanka, “der schönen Tschechin”, werktags zwischen 05.30 und 09.45 Uhr und erreicht laut Media-Analyse gut 100.000 Zuhörer. Am Freitagabend traten Hans und Susanka vor 1,9 Millionen Zuschauern bei “ProSieben” im Fernsehen auf und demonstrierten nachhaltig, wie peinlich Radioleute sein können.

Einmal im Jahr haben Radiomacher ihren großen Auftritt im Fernsehen. Wenn Stefan Raab Sieger und Platzierte seines “Bundesvision Song Contest” ermitteln lässt, dürfen Moderatoren von Regional-, Lokal- und Internetradios das Ergebnis für “ihr” Bundesland live übermitteln. “Morgenhans” Blomberg nutze am Freitagabend die Gelegenheit für eine eigenwillige Promotion-Aktion in eigener Sache: “Die beiden schönsten Punkte, und zwar die beiden Punkte meiner schönen Tschechin Susanka, die bleiben heute Abend schön bei mir.” Dabei griff Hans seiner Kollegin an den Busen, bekam eine schallende Ohrfeige und das vermutlich vorher eingeübte verbale Feedback zu hören: “Hast du noch alle? (oder so ähnlich), Vollidiot.” Ungewollt zutreffend bemerkte Susanka noch “Witzig. Lacht nur wieder keiner”.

Skandal bei Raab? Nein, nur ein weiterer peinlicher Auftritt des Radiomannes Blomberg im Fernsehen. Schon beim “Bundesvision” 2007 hatte er mit einer dümmlichen Aktion um Aufmerksamkeit gebuhlt. Seinerzeit hielt er einen Zettel mit der Aufschrift “Raab ist doof” in die Kamera. Diesmal gingen Stefan Raab und Co-Moderatorin Johanna Klum nicht auf den Blödsinn ein, sondern versuchten sichtlich verlegen die Peinlichkeit zu überspielen.

Doktorspiele mit der “schönen Tschechin”

Um die Befindlichkeiten von Blombergs Kollegin Susanka müssen sich Fernsehzuschauer und Radiohörer wohl keine Sorgen machen. Dümmliche sexuelle Anspielungen in Richtung der “schönen Tschechin” gehören offensichtlich zum Standardrepertoire des “Morgenhans”, wie zum Beispiel im Video “Dr. Hans bei Susanka” auf der Website des Senders nachzusehen ist. Offenbar wähnen die “bigFM”-Macher ihre Zuhörer auf dem selben schwachsinnigen Niveau. Auf ihrer Homepage haben sie am Samstagmorgen allen ernstes ein Votum zur Frage gestartet: “Sollte Susanka weitere Schritte gegen Hans einleiten?” Zur Ehrenrettung von jungen Schwaben und Badenern sollte erwähnt werden, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags annähernd 50% die blöde Frage mit “Ach Quatsch!” beantwortet hatten.

Überhaupt haben sich die Radioleute am Freitag bei ihren Fernsehauftritten in Raabs “Bundesvision Song Contest” nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Während der TV-erfahrene Johannes Scherer, Morgenmoderator bei “Hit Radio FFH”, die Wertung der hessischen Zuschauer noch routiniert übermittelte - und dabei auch nicht vergaß, das Senderlogo unübersehbar ins Bild zu rücken, geriet die mit technischen Pannen begleitete Einblendung seiner Kollegen von “Antenne Mecklenburg-Vorpommern” zur unfreiwilligen Comedy. Vor den johlenden Teilnehmern der “Voting-Party” in Parchim erinnerten Morgenmann Timo Close und “Wetter Werner” irgendwie an “Dick und Doof”. Bei “Radio Cottbus” funktionierte das Fax nicht. Alex “Pop” Schirmer versuchte die handschriftlichen Ergebnisaufzeichnungen vor laufender Kamera zu entziffern “das kann ja keiner lesen hier. Fünf Punkte gehen… wohin..?” Sie gingen schließlich nach Thüringen.

Perfekter und routinierter lief das bei “Bayern 3″. Die Morgenmoderatoren Claudia Conrath und Marcus Fahn erschienen im “Mutter-Sohn-Look” auf dem Bildschirm und freuten sich über 12 Punkte “aus Bayern für Bayern” für Claudia Koreck. Immerhin, der im Dialekt der Ureinwohner des Lederhosenlandes gesungene Titel “Weus’d a Herz hast” “I wui, dass du woast” (Danke für ein Dutzend Korrekturhinweise) schaffte es sogar bundesweit auf den 10. Platz unter 16 Teilnehmern. “Polarkreis 18″ aus Dresden erreichte sogar den zweiten Rang und der begleitende Sender “Energy Sachsen” schaffte es, dass der Sponsor “Vita Cola” bei der Live-Schaltung wirkungsvoll ins Bild gerückt wurde.

Nach dem Fehlgriff des “Morgenhans” von “bigFM” kalauerte “Radio Hamburg” Morgen-Veteran John Ment auf ähnlich niedrigem Niveau gleich weiter: “Eigentlich wollte ich zu diesem Zeitpunkt in Hamburg auf dem Kiez sein, meine Treuepunkte einlösen.” Stattdessen hatte ihn wohl die Geschäftsführung zu diesem Pflichttermin im Fernsehen verdonnert. Wie gut für die Hörfunkbranche an diesem Abend, dass zumindest “Radio FFN” den “Bundesvision Song Contest” einigermaßen seriös nahm. Zur Bekanntgabe des “Votings” aus Niedersachsen erschien sogar Scorpions-Sänger Klaus Meine auf dem Bildschirm. Das war nicht unbedingt “witzig”, dafür sicherlich wirkungsvoll für den Sender.

  • Nachtrag am 14.02.09, 18.50 Uhr: Inzwischen ist “bigFM” die Aktion wohl auch peinlich geworden. Die Umfrage “Sollte Susanka weitere Schritte gegen Hans einleiten?” ist von der Website des Senders ohne Erklärung entfernt worden. Jetzt dürfen “bigFM”-Hörer abstimmen: “Sind vier ‘Valentinstage’ übertrieben?” - ohne Morgenhans ganz bestimmt nicht…
  • Nachtrag am 15.02.09, 01.00 Uhr: Bei YouTube wurden inzwischen die meisten Videos mit “Busengrabscher Morgenhans” entfernt. Es erscheint folgender Hinweis: “Dieses Video ist aufgrund des Urheberrechtsanspruchs von Brainpool TV GmbH und verbundene iSd § 15 AktG nicht mehr verfügbar.”

Donnerstag, 12. Februar 2009

Die Legende vom Hamsterpups

Es gibt tatsächlich immer noch Spielverderber, die gegen “Geheime Geräusche” oder “Geldscheinauffindungsaktionen” im Radio Sturm laufen. Wohl zu unrecht, wie dieser Beitrag zeigt.

11. Februar 2009. Die 14 deutschen Landesmedienanstalten haben eine Gewinnspielsatzung für den privaten Rundfunk verabschiedet. Damit soll unter anderem mehr Transparenz bei der Durchführung von kostenpflichtigen Gewinnspielen geschaffen werden. Eigentlich sind die neuen Regulierungen überflüssig, weil es doch kaum vorstellbar ist, dass beispielsweise deutsche Radiomacher ihre Hörer vorsätzlich betrügen - und dabei über kostenpflichtige Hotlines auch noch kräftig abkassieren.

In der Szene halten sich allerdings immer noch hartnäckig Gerüchte über Tricks der so genannten “Hütchenspieler” im Radio. Einige dieser “Hamsterpups-Legenden” haben wir als abschreckende Beispiele nachfolgend zusammengestellt:

  1. Geräuscheraten - Die Hörer werden durch häufige Moderationen, Trailer, jubelnde frühere Gewinner und aufgezeichnete Kandidaten-Interviews dazu animiert, ein bestimmtes Geräusch zu erraten, das auch regelmäßig im Programm vorgestellt wird. Dabei ist es eigentlich völlig egal, ob es sich um das Öffnen eines Brillenetuis, das Schließen einer Zahnpastatube oder einen Hamsterpups handelt. Wichtig ist nur, dass das Geräusch nur wenige Zehntelsekunden auf dem Sender zu hören ist. Damit wird verhindert, dass misstrauische Geräuscheakustiker nach Auswertung von Mitschnitten etwa nachweisen könnten, dass es sich gar nicht um die Zahnpastatube, sondern um das Brillenetui handelt. Schließlich will der Sender ja nicht Gefahr laufen, dass hartnäckige Mitspieler schon nach wenigen Tagen den richtigen Tipp abgeben, den ausgelobten Gewinn - zumeist ein im Spielverlauf ansteigender 5stelliger Geldbetrag - einsacken, das für die Gewinnaktion fest eingeplante Budget sprengen und auch noch die parallel geschaltete Werbeaktion mit Plakaten, Busaufklebern und/oder Zeitungsanzeigen torpedieren. Aus diesem Grund werden mehrere vermeintlich richtige Antwortmöglichkeiten vorbereitet. Ein großer landesweiter Sender soll bei einer früheren Aktion schon mal 360 Antwortversionen in petto gehabt haben - das berichten zumindest ehemalige Mitarbeiter.
    Mögliche Vorteile für “Hütchenspieler”: Sie bestimmen allein, wann das gesuchte Geräusch erraten wird und können die Hörer nebenbei noch kräftig abkassieren. Jeder Anruf auf der Hotline kostet 50 Cent - auch wenn diese auf dem automatischen Anrufbeantworter landen: “Leider haben Sie diesmal kein Glück, versuchen Sie’s doch gleich noch mal.”
  2. Wort oder Begriff erraten - Prinzip und Abläufe dieses unterhaltsamen Gewinnspiels sind mit dem Geräuscheraten vergleichbar. Dabei müssen von den Hörern allerdings bestimmte Worte bzw. Begriffe erraten werden. Damit Schlaumeier das Spiel nicht verderben, werden ebenfalls ausreichende Antwortmöglichkeiten bereitgehalten, die selbstverständlich alle auch auf die Hinweise passen, die von den Moderatoren im Spielverlauf gegeben werden.
    Mögliche Vorteile für “Hütchenspieler”: Der Aufwand ist im Vergleich zum Geräuscheraten geringer - die Einnahmequellen über die kostenpflichtige Hotline bleiben gleich.
  3. Geldscheinsuche - Gesucht wird ein Geldschein mit einer bestimmten Seriennummer - häufig sind das 5-Euro-Noten, damit auch wirklich jeder mitmachen kann. Wer die gesuchte Banknote hat und sich innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums über die kostenpflichtige Hotline beim Sender meldet, soll einen “Riesengewinn” erhalten. Immerhin wurden für fleißige Geldscheinsammler schon Gewinne in Höhe bis zu 1 Million Euro “garantiert” und auch ausgeschüttet. Fatal wäre für die Radiomacher allerdings, wenn sich der Besitzer des gesuchten Geldscheins schon nach wenigen Stunden oder innerhalb der ersten Tage nach Beginn der Aktion melden würde. Gegen solche Pannen gibt’s ein probates Mittel : Der gesuchte Geldschein wird erst dann in den Umlauf gebracht, wenn aus Sicht des Senders die Aktion beendet werden soll. Damit im Verlauf des Spiels auch genügend Anrufe auf der kostenpflichtigen Hotline eingehen, werden kleine Geldpreise für richtige Endnummern ausgelobt. Das funktioniert selbstverständlich nach dem Zufallsprinzip - wer zuerst “durchkommt” hat gewonnen. Die meisten Inhaber der gesuchten Geldscheine landen allerdings beim automatischen Anrufbeantworter: “Leider sind alle Leitungen ins Studio zurzeit belegt…”.
    Mögliche Vorteile für “Hütchenspieler”: Der zeitliche Verlauf des Spiels kann weitgehend gesteuert werden. Über die kostenpflichtige Hotline sind zusätzliche Erlöse zu generieren. Nicht zuletzt sorgt die Geldscheinsuche häufig für jede Menge Gesprächsstoff. In manchen Regionen waren während solcher Aktionen beispielsweise kaum noch 5-Euro-Scheine zu bekommen, weil Mitspieler bei der Radioaktion die Banknoten regelrecht horteten.
  4. Anrufspiel - “Jetzt sollten Sie sich ganz in der Nähe Ihres Telefons aufhalten, denn gleich rufen wir eine zufällig ausgewählte Nummer in unserem Sendegebiet an. Wer sich dann mit ‘Radio XY spielt …’ meldet, hat gewonnen.” So - oder so ähnlich werden Hörer für die Teilnahme beim Anrufspiel animiert. Wer tatsächlich vom Sender angerufen wird und sich mit seinem Namen, “Guten Morgen” oder einfach “Hallo” meldet, hat leider verloren. Dennoch sollte er tunlichst versichern, dass er sich unheimlich ärgere, weil er sich sonst immer mit dem gefragten Slogan melde, nur diesmal einfach nicht aufgepasst habe. Wer sich über den Anruf etwa beschwert, landet gleich im digitalen Papierkorb, weil diese Telefonate keinesfalls - wie vom Moderator suggeriert - “live” geführt - sondern in der Regel vorher aufgezeichnet werden. Damit nicht zu viele Gewinner das vorgesehene Budget für die Aktion sprengen, wird bei den Anrufen sicherheitshalber die Kennung (Nummer des Anrufers) unterdrückt. Für Einnahmen des Senders sorgt eine Spielvariante. Über kostenpflichtige Hotlines können sich Hörer für die Teilnahme bewerben. Zudem schützen sich Radiomacher so gegen etwaige Klagen wegen unerlaubter Werbeanrufe.
    Mögliche Vorteile für “Hütchenspieler”: Das Gewinnspiel wird vollständig kontrolliert. Teilnehmer und Gewinner können über die Vorwahlnummern gleichmäßig über das Sendegebiet “verteilt” ausgewählt werden.
  5. Für Gesprächsstoff sorgen - Weil viele Sender solche - und weitere - Gewinnaktionen vor allem während der Umfragezeiträume für die Media-Analyse ins Programm hieven, sind Radiomacher gut beraten, für zusätzlichen Gesprächsstoff zu sorgen. Eine beliebte - und längst mehrfach erprobte Variante - ist der “gefeuerte Lieblingsmoderator”. Der - oder die - hat angeblich versehentlich die richtige Lösung ausgeplaudert, muss daraufhin beim Geschäftsführer oder Programmdirektor zum Rapport erscheinen und wird gefeuert. Damit alle Mitspieler die gleiche Gewinnchance behalten, stoppt der Sender die Aktion. Die Presseabteilung informiert sofort die regionalen Medien, damit das Malheur auch bei Nichthörern des Senders bekannt wird. Natürlich melden sich daraufhin verärgerte, wütende und enttäuschte Hörer und fordern die sofortige Wiedereinstellung ihres Lieblingsmoderators. Damit diese - gewollten - Proteste auch publik werden, lassen umsichtige Radiomanager dafür rechtzeitig gesonderte Hotlines und Internetforen einrichten. Rechtzeitig, bevor enttäuschte Hörer dem Sender wirklich den Rücken kehren, geben Geschäftsführung und/oder Programmdirektion nach und stellen den gerade gefeuerten Lieblingsmoderator wieder ein. Motto: Wir hören schließlich auf unsere Hörer. Wichtig für Radiomacher ist dabei allerdings, dass alle Beteiligten auch “mitspielen” und keiner “quatscht”. Das trifft auch für die Variante “verschwundener Geldschein” zu. Der Hörer ist sich ganz sicher, den gesuchten Geldschein mit der richtigen Nummer zu haben. Nach dem Anruf beim Sender und der ersten überschwänglichen Gratulation “on air”, ist die Banknote plötzlich nicht mehr auffindbar. Moderator und Hörer leiden mit dem vermeintlichen Gewinner. Der darf seine Verzweiflung auch in Interviews auf dem Sender kundtun. Es hilft schließlich alles nichts - der erhoffte Geldgewinn ist futsch. Besonders kreative Radiomacher haben sogar schon ganze Dramen bei der Geldscheinsuche inszeniert. Die Ehefrau des Besitzers der gesuchten Banknote meldet sich beim Sender. Sie sei sich ganz sicher, dass ihr Gatte den Schein mit der gesuchten Nummer habe. Pech, der befindet sich gerade auf Dienstreise und wird schließlich von den cleveren Moderatoren in den Armen der Geliebten in einem Hotelzimmer per Anruf überrascht. Dummerweise geht die Gespielin ans Telefon. Wie die Radioleute den Aufenthaltsort des untreuen Gatten ermittelt haben, bleibt ihr Geheimnis.
    Möglicher Nachteil für “Hütchenspieler”: Sie würden sich mit solchen Aktionen völlig lächerlich machen.

Alles Blödsinn. Es ist kaum vorstellbar, dass deutsche Radiomacher im Nebenberuf “Hütchenspieler” sind und solche Aktionen initiieren oder auch tatsächlich umsetzen. Schließlich gibt es doch Gesetze, Verordnungen, ethische Regeln - und nicht zuletzt die Landesmedienanstalten, die im Interesse der Hörer sofort eingreifen, wenn auch nur der geringste Verdacht auf Unregelmäßigkeiten im Radio aufkommt - oder etwa nicht?

Mittwoch, 11. Februar 2009

Jugend- und Verbraucherschutz bleiben auf der Strecke

Nach der jetzt endgültig beschlossenen Gewinnspielsatzung für Radio- und Fernsehsender dürfen künftig auch Jugendliche ganz legal abgezockt werden.

10. Februar 2009. Die hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR) hat am Montag als letzte von 14 Landesmedienanstalten die neue Gewinnspielsatzung verabschiedet. In wenigen Wochen wird damit erstmals eine bundesweit verbindliche Regelung für die Durchführung von Gewinnspielen und Gewinnspielsendungen in privaten Radio- und Fernsehsendern in Kraft treten. Damit - so die hessischen Medienhüter in einer gestern verbreiteten Pressemitteilung - sollen vor allem Kinder und Jugendliche “einen besonderen Schutz” erhalten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Künftig dürfen auch Jugendliche unter 18 Jahren bei Gewinnspielen ganz legal abgezockt werden.

Wer beim “50.000 Euro-Anruf” des privaten Berliner Senders “rs2″ teilnehmen will, muss “volljährig” sein. Auch bei der aktuellen Gewinnaktion von “Radio PSR” in Sachsen bleiben Minderjährige aufgrund der Teilnahmebedingungen ausgeschlossen. Mangels verbindlicher Vorgaben der Medienhüter, orientierten sich nahezu alle privaten Radio- und Fernsender in ihren Teilnahmebedingungen bislang vorwiegend am Glücksspielstaatsvertrag, in dem es heißt “Die Teilnahme von Minderjährigen ist unzulässig.”

Die Altersbegrenzung von 18 Jahren wurde auch im ursprünglichen Entwurf der Gewinnspielsatzung aufgenommen - nach Anhörung privater Rundfunkverbände und -veranstalter jedoch wieder fallengelassen. Ein Triumph für die Lobbyisten. Künftig dürfen auch Jugendliche ab 14 Jahren ganz legal “Geheime Geräusche” erraten und dafür pro Anruf 50 Cent entrichten. Die Lobbyarbeit kam nicht von ungefähr, schließlich sind Erlöse aus Gewinnspielen in Zeiten sinkender Werbeumsätze für viele Sender zu einer durchaus bedeutenden Einnahmequelle geworden.

“Leider haben Sie diesmal kein Glück…”

Rechtlich umstritten war bislang auch, ob allein Anrufe auf einer kostenpflichtigen “Hotline” bereits als Teilnahme zu werten sind, weil diese in den allermeisten Fällen bei automatischen Anrufbeantwortern landen. Mitspieler haben dabei überhaupt keine Möglichkeit, geforderte Tipps oder Lösungen abzugeben, sondern werden mit Hinweisen wie “leider haben Sie diesmal kein Glück, versuchen Sie’s doch gleich noch mal ” abgespeist. Auch in diesem Punkt bleibt der Verbraucherschutz auf der Strecke. Nach der jetzt verabschiedeten Gewinnspielsatzung wird bereits die telefonische Kontaktaufnahme zum Sender als Teilnahme gewertet:

Im Sinne dieser Satzung ist … die Teilnahme an einem Gewinnspiel oder einer Gewinnspielsendung der Versuch einer Nutzerin oder eines Nutzers, unter Nutzung eines dafür geeigneten Kommunikationsweges Kontakt zu dem Anbieter im Hinblick auf den Erhalt einer Gewinnmöglichkeit aufzunehmen.

Auch in weiteren Vorschriften der neuen Gewinnspielsatzung sind die Medienhüter offenbar weitgehend den Vorstellungen der Radio- und Fernsehmacher gefolgt. Nach Informationen der Fachzeitschrift “Werben & Verkaufen” wurde der Plan wieder fallen gelassen, finanzielle Obergrenzen für die Teilnahme einzuführen: “Im Satzungsentwurf wollte die DLM (Anmerkung: Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten) zehn Euro pro Stunde und 30 Euro pro Tag als Obergrenze festlegen. Laut den Sendern sei dies technisch aber nicht sicherzustellen.” Mit anderen Worten, weil Sender Vorgaben nicht einhalten können - oder wollen, werden diese wieder gestrichen. Man stelle sich eine solche Handhabung in anderen Bereichen unserer Rechtsordnung vor: ‘Weil mein Auto nicht mehr durch den TÜV kommt, fahre ich eben ohne gültige Plakette unbehelligt weiter.’

Ob die neue Gewinnspielsatzung letztlich doch noch Vorteile für Hörer und Zuschauer bringt, wird nicht zuletzt von der Frage abhängen, ob die Landesmedienanstalten gewillt - und in der Lage sind, die geforderte Transparenz und das Irreführungsverbot bei der Durchführung von Gewinnaktionen auch tatsächlich zu kontrollieren und bei Verstößen die angekündigten harten Strafen zu verhängen. Immerhin sieht die Satzung am Ende vor, dass Ordnungswidrigkeiten “mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro geahndet werden” können. Insofern sei den Medienhütern der am Mittwoch erscheinende blogmedien-Eintrag empfohlen. Dann geht’s hier um die “Tricks der Abzocker im Radio”.

Montag, 2. Februar 2009

Sachsen will kein “Gallisches Dorf” werden

Im Freistaat sollen bis Ende 2014 alle UKW-Frequenzen abgeschaltet - und durch Digitalradio ersetzt werden. Wie das technisch funktionieren soll, wissen die sächsischen Hörfunkpioniere allerdings noch nicht so genau.

2. Februar 2009. UKW riecht nicht, schmeckt nicht und ist nach allen bisherigen Erkenntnissen auch nicht umwelt- oder gesundheitsschädlich. Über Ultrakurzwellen werden nahezu 100% der deutschen Bevölkerung erreicht, auch in Sachsen. Dennoch will die Staatsregierung bis Ende 2014 alle UKW-Frequenzen im Freistaat abschalten und durch Digitalradio ersetzen. Warum? “Weil das so seit 10 Jahren politischer Wille ist”, sagt Jens-Ole Schröder, der für Medien zuständige Referatsleiter in der sächsischen Staatskanzlei. Allerdings können weder Schröder noch andere “Hörfunkpioniere” im Freistaat die Frage schlüssig beantworten, wie in fünf Jahren Radiomacher ihre Hörer erreichen sollen.

Für einige Aufregung unter Hörfunkern hatte in der vergangenen Woche ein Beitrag der in Dresden erscheinenden “Sächsischen Zeitung” gesorgt. Berichtet wurde darin von einer Podiumsdiskussion, bei der Referatsleiter Schröder noch einmal ausdrücklich bestätigt hatte, dass spätestens am 31. Dezember 2014 Schluss mit dem UKW-Empfang in Sachsen sein solle: “denn auch beim verbleiten Benzin und beim Katalysator gab es einen Stichtag und einen notwendigen Zusatzaufwand”. Bei Benzin und Katalysator gab es allerdings zum Zeitpunkt der Festlegung längst verbindliche technische Vorgaben für die Umsetzung. Bei der geplanten vollständigen Digitalisierung des Hörfunks herrscht dagegen Ratlosigkeit allenthalben.

Gesetzliche Regelung ohne technische Vorgaben

Zwar ist in der aktuellen Fassung des sächsischen Privatrundfunkgesetzes vom 1. September des vergangenen Jahres festgeschrieben, dass Hörfunkprogramme im UKW-Band und in Kabelanlagen nur noch bis zum Ablauf des 31. Dezembers 2014 weiter in analoger Technik übertragen werden dürfen; auf welcher technischen Plattform die Verbreitung künftig erfolgen soll, wird indes nicht vorgegeben. In der sächsischen Staatskanzlei kann man sich nach Schröders Angaben neben DAB+ und weiteren digitalen Systemen auch das Internet als möglichen Verbreitungsweg vorstellen. Martin Deitenbeck, Geschäftsführer der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM), schränkt allerdings ein, dass “terrestrische Übertragungssysteme unter Verwendung von Funkwellen gemeint” seien und das Internet insoweit nicht reichen würde.

Auszug aus dem Sächsisches Privatrundfunkgesetz, Fassung gültig ab: 01.09.2008, §4 (6): Spätestens ab dem 1. Januar 2010 erfolgt die Übertragung von Rundfunkprogrammen und vergleichbaren Telemedien in Sachsen ausschließlich in digitaler Technik. In Abweichung von Satz 1 dürfen Hörfunkprogramme im UKW-Band sowie Rundfunkprogramme und vergleichbare Telemedien in Kabelanlagen bis zum Ablauf des 31. Dezembers 2014 weiter in analoger Technik übertragen werden. Stellt ein Veranstalter seine Verbreitung auf ausschließlich digitale Technik um, so verliert er seinen Anspruch auf analoge Weiterverbreitung in Kabelanlagen nach § 38 Abs. 1 nicht, soweit diese zumindest auch in analoger Technik betrieben werden.

Nach den bisherigen Pleiten und Pannen bei der Digitalisierung des deutschen Hörfunks haben vor allem private Radiomacher offenbar immer weniger Lust auf technische Experimente in Richtung DAB+ und Co. Sie gehen einerseits von höheren Kosten für die Verbreitung ihrer Programme aus, erwarten andererseits jedoch keine zusätzlichen Einnahmen durch Werbung. Hans-Dieter Hillmoth, Vizepräsident des Rundfunkverbands VPRT und Geschäftsführer der hessischen “Radio/Tele FFH” erwartet ohnehin nicht, dass es noch in diesem Jahr zum angekündigten Neustart des Digitalradios mit einem “Big Bang” kommen wird: “Ich glaube nicht, dass im Jahr 2009 etwas läuft, hoffe aber, dass es endlich eine klare Entscheidung für oder gegen das Digitalradio gibt”, sagte er bei einer Podiumsdiskussion während der Medientage München im vergangenen Oktober.

Senden da, wo die Hörer sind

Im eigenen Haus setzt Hillmoth vorerst auf das Internet als alternativen und ergänzenden Verbreitungsweg zur Ultrakurzwelle. Seit Ende Januar ist das populäre “Hit Radio FFH” auch über das “iPhone” und den “iPod touch” von “Apple” zu empfangen. “FFH ist da, wo seine Hörer sind”, erklärte der einflussreiche Radiomann zum Start des neuen Verbreitungswegs. Über digitale Wellen würde er zurzeit ohnehin kaum Hörer erreichen, weil bislang nur wenige Geräte, dazu noch in unterschiedlichen technischen Standards, auf dem Markt sind und die Geräteindustrie kaum Anstrengungen unternimmt, die Digitalisierung des deutschen Hörfunks ihrerseits zu beschleunigen.

Das räumt auch der Medienreferent in der sächsischen Staatskanzlei, Jens-Ole Schröder, ein. Nach seinen Angaben will der Freistaat mit der gesetzlichen Regelung jedoch den “Gordischen Knoten” bei der Digitalisierung des Radios in Deutschland lösen. Bislang schieben sich Radiomacher, Verbände, Gesetzesgeber, Aufsichtsbehörden, Gerätehersteller und Netzbetreiber gegenseitig die Verantwortung für die nunmehr seit über einem Jahrzehnt anhaltende Stagnation zu: Radioveranstalter wollen ihre Programme nicht digital verbreiten, weil sie kaum Hörer hätten. Die Konsumenten verzichten auf digitalen Empfang, weil sie sich über UKW gut versorgt fühlen. Gerätehersteller entwickeln keine bezahlbaren Empfänger, weil sie keine Abnehmer finden. Schließlich drücken sich Gesetzesgeber davor, verbindliche Vorgaben für die technische Verbreitung zu machen, weil sie befürchten müssten, ihre gesetzlichen Regelungen durch Neufassungen wieder revidieren zu müssen.

So wie in Sachsen. Zuvor hatte man sich noch auf den 1. Januar 2010 als verbindlichen Termin für den allumfassenden Start des digitalen Rundfunks im Freistaat festgelegt. Durch die Neuregelung aus dem September 2008 wird den Hörfunkanbietern eine weitere Schonfrist von fünf Jahren für die Abschaltung ihrer UKW-Frequenzen eingeräumt. Auch der neue Termin scheint alles andere als unumstößlich zu sein. Schließlich will Sachsen nicht zum “Gallischen Dorf” werden, so Jens-Ole Schröder gegenüber blogmedien. Wenn die anderen Bundesländer in Sachen Digitalisierung nicht im selben Tempo mitziehen - und danach sieht es zurzeit aus - müsste die gesetzliche Regelung abermals revidiert werden. Andernfalls könnten sich Radiohörer im Freistaat ab 2015 erneut im “Tal der Ahnungslosen” wiederfinden, weil außersächsische Hörfunkprogramme nicht mehr zu empfangen wären, zumindest nicht digital.